Silence is golden ... und überlebenswichtig, das macht A Quiet Place von John Krasinski eindringlich klar, der das zugegebenermaßen unwahrscheinliche Szenario einer von äußerst geräuschempfindlichen Außerirdischen eroberten Erde präsentiert, in der eine Familie gezwungen ist, mucksmäuschenstill zu sein. Man fühlt sich an ähnlich klaustrophobisch-extraterrestrische Begegnungen wie in Signs oder Spielbergs War of the Worlds erinnert.
Wem der Science-Fiction-Plot zu dünn ist (Wer um alles im Universum, der seine Ruhe liebt, sollte ausgerechnet die lärmende Erde erobern?), der kann sich vielleicht eher mit der märchenhaften Situation und Logik einer Familie in einem dunklen Wald umgeben von höchst leichthörigen Dämonen anfreunden. Doch das spielt keine Rolle, denn in diesem packenden Film erlebt man endlich mal wieder richtige Menschen, mit denen man mitfiebert, Spannung, die im besten Sinne hintergründig ist, und ein durchladendes Gefühl der Befreiung am Ende des Films, der nur an einer Stelle den Nagel nicht auf dem Kopf trifft. Und es beschleicht einen insgeheim der Wunsch, die Außerirdischen würden sich die Popcorn-Raschler direkt in der Reihe hinter einem im Kino schnappen.
Mitteilungen des interdisziplinären, transregionalen und extrauniversitären Seminars für Science Fiction Film und Anverwandtes mit Zweigstellen in Marburg, Heidelberg, Stuttgart, Darmstadt und ehemaligen Zweigstellen in Singapur und Korbach.
Montag, April 30, 2018
Mittwoch, April 25, 2018
Das Realitäts-Rätsel
"Nur die Realität ist real", diese magere Erkenntnis und letztlich tautologische Aussage steht ausgerechnet am Schluss von 140 Minuten verfilmten Virtual-Reality-Eskapismus von Ready Player One, in dem Stephen Spielberg die futuristisch-nostalgische Retro-Zukunft des Romans von Ernest Cline für die große Leinwand inszeniert. Gewiss, Steven Spielberg hat ein Händchen für Science Fiction und junge Hauptfiguren, doch überladene Detailverliebtheit reicht nicht, um aus der Erinnerungsrumpelkammer eines tranigen und ungeküssten Supernerds eine dichte und überzeugende Filmgeschichte zu machen. Selbst 3D kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die "virtuelle" Achtzigerjahre-Fete flach ist und der "realen" Zukunft jede Tiefe und Plausibilität abgeht. Eine Eighties-Schnitzeljagd ist nicht abendfüllend, und die tröstende Wirkung von popkulturellen Eskapismus hat Ben Folds in seinem Song Underground in vier Minuten stimmiger abgehandelt. Fazit: Achtzigerjahre-Nostalgie stellt sich am besten bei Filmen aus den Achtzigerjahren ein, bei denen man unwillkürlich den Wunsch verspürt, nach Hause zu telefonieren. Und: Nur die Virtualität ist virtuell.
Da, wo Ready Player One, überladen daherkommt, ist Das Zeiträtsel auf merkwürdige Weise "unterladen". Der Film beruht auf dem 1962 erschienenen Kinderbuch A Wrinkle in Time von Madeleine L'Engle. Ava DuVernay, die erste afroamerikanische Frau, der die Regie eines Big-Budget-Films anvertraut wurde, punktet mit einem hübschen, (positiv) politisch korrekten Einstiegsszenario. Das driftet aber durch das Auftreten dreier aufgedonnerter Feen in Science-Fantasy-Gefilde ab, die sich in Buchform vermutlich überzeugender umsetzen lassen. Durch Tessern erreichen Meg, ihr jüngerer Bruder Charles Wallace und Nachbarsjunge Calvin knallbunte, aber aseptisch-leere Planeten. DuVernay kommt dabei über einen "Alice in Oz"-Verschnitt nicht hinaus, der oft arg gefühlsduselig gerät. Dennoch hat Das Zeiträtsel trotz seiner Fehlstellen mehr Charme als der überladene Ready Player One. Beide Filme eint,dass sie von weniger Computeranimation und besserem Drehbuch profitiert hätten. In beiden Fällen wäre es ein interessantes Gedankenspiel, was ein wagemutigerer Regisseur wie Captain Chaos aus den Stoffen gemacht hätte.
Da, wo Ready Player One, überladen daherkommt, ist Das Zeiträtsel auf merkwürdige Weise "unterladen". Der Film beruht auf dem 1962 erschienenen Kinderbuch A Wrinkle in Time von Madeleine L'Engle. Ava DuVernay, die erste afroamerikanische Frau, der die Regie eines Big-Budget-Films anvertraut wurde, punktet mit einem hübschen, (positiv) politisch korrekten Einstiegsszenario. Das driftet aber durch das Auftreten dreier aufgedonnerter Feen in Science-Fantasy-Gefilde ab, die sich in Buchform vermutlich überzeugender umsetzen lassen. Durch Tessern erreichen Meg, ihr jüngerer Bruder Charles Wallace und Nachbarsjunge Calvin knallbunte, aber aseptisch-leere Planeten. DuVernay kommt dabei über einen "Alice in Oz"-Verschnitt nicht hinaus, der oft arg gefühlsduselig gerät. Dennoch hat Das Zeiträtsel trotz seiner Fehlstellen mehr Charme als der überladene Ready Player One. Beide Filme eint,dass sie von weniger Computeranimation und besserem Drehbuch profitiert hätten. In beiden Fällen wäre es ein interessantes Gedankenspiel, was ein wagemutigerer Regisseur wie Captain Chaos aus den Stoffen gemacht hätte.
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Samstag, April 14, 2018
WIR heute
Jewgeni Samjatins schrieb seine Dystopie WIR 1920, in der Sowjetunion durfte das Buch nicht erscheinen, erstmals wurde es 1924 auf Englisch veröffentlicht. Eine deutsche Übersetzung erschien erst 1958 und ließ Huxleys Brave New World (1932) und Orwells Nineteen Eighty-four (1949) in neuem Licht erscheinen. Verfilmt wurde der Roman 1982, produziert vom ZDF und hier anzuschauen.
Das Junge Theater im Zwinger hat sich unter der Regie von Natalie Kalmbach an eine Bühnenfassung gewagt - mit Erfolg: Das Emsemble überzeugt ebenso wie die reduzierte, aber wirkungsvolle Kulisse, die Choreographie und Kostüme. Erfahrbar wird, wie die aufkeimende Individualität (Seele und Fantasie) von D-503 den uhrwerksgleich reglementierten Alltag durchbricht und das kleine Rädchen mit der Maschine des Staates in Konflikt gerät.
Die Dramatisierung belegt, dass es sich lohnt, Samjatins WIR nicht nur als Inspiration von Huxley und Orwell, sondern als erstaunlich frisch geliebene Warnung wiederzuentdecken:
Worum haben die Menschen von Kindesbeinen an gebetet, wovon haben sie geträumt, womit haben sie sich gequält? Daß irgendeiner ihnen ein für allemal sage, was das Glück ist, und sie mit einer Kette an dieses Glück schmiede. Und ist dies nicht gerade das, was wir tun?
Eine berechtigte Frage, leider auch heute noch.
Das Junge Theater im Zwinger hat sich unter der Regie von Natalie Kalmbach an eine Bühnenfassung gewagt - mit Erfolg: Das Emsemble überzeugt ebenso wie die reduzierte, aber wirkungsvolle Kulisse, die Choreographie und Kostüme. Erfahrbar wird, wie die aufkeimende Individualität (Seele und Fantasie) von D-503 den uhrwerksgleich reglementierten Alltag durchbricht und das kleine Rädchen mit der Maschine des Staates in Konflikt gerät.
Die Dramatisierung belegt, dass es sich lohnt, Samjatins WIR nicht nur als Inspiration von Huxley und Orwell, sondern als erstaunlich frisch geliebene Warnung wiederzuentdecken:
Worum haben die Menschen von Kindesbeinen an gebetet, wovon haben sie geträumt, womit haben sie sich gequält? Daß irgendeiner ihnen ein für allemal sage, was das Glück ist, und sie mit einer Kette an dieses Glück schmiede. Und ist dies nicht gerade das, was wir tun?
Eine berechtigte Frage, leider auch heute noch.
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