Die Idee, den Zusammenbruch der westlichen Welt aus der Perspektive des saturierten Bürgertums zu zeigen, verpufft. Statt die mögliche Fallhöhe auszunutzen, stagnieren die eindimensionalen Charaktere im überkonstruierten Beziehungsgeflecht. Die beiden Schwestern, die Dreh- und Angelpunkt der Handlung sein sollen, die biedere Laura (Bernadette Heerwagen) und die vermeintlich verwegenere Cecilia (Johanna Wokalek), funktionieren nicht als Identifikationsfiguren, sondern wandeln unberührt durch die Kulissen einer heruntergekommen Welt und bleiben vor allem Anhängsel der wenig überzeugenderen Männerfiguren: des ebenso narzistischen wie planlosen Revolutionärs Konstantin (August Diehl) und des biederen Vogelfreunds Hans (Daniel Brühl), der spätestens als zottelbärtiger, ziegenschlachtender Mann in den Bergen unglaubwürdig wird.
„Die kommenden Tage“ wirkt wie ein Zeitgeist-Sampler: Die Dekadenz der Zwanziger Jahre ersteht wieder im Restaurant, in dem Cecilia zur Tarnung als Geschäftsführerin arbeitet, eine umgekehrte Benno Ohnesorg-Situation als Anspielung auf die 1968er, die Schwarzen Stürme als Baader-Meinhof-Komplex reloaded aus den Siebzigern, Golf-Kriege der Neunziger und Nuller und die Sorgen von heute - plakativ zehn Jahre in die Zukunft extrapoliert, doch ohne den Zuschauer zu packen und durchzuschütteln. Der völlige Verzicht auf drastische Bilder führt leider nicht zu größerer Überzeugungskraft. Schade.
1 Kommentar:
P.S. Über das aufdringliche Produktplacement von Ortlieb breite ich den Goretex-Mantel des Schweigens mit dem Innenfleece der Diskretion.
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